Kelvin-Helmholtz-Wellen sind gar nicht so selten beobachtbare Wellenphänomene in der Atmosphäre, die dank Wolken sichtbar werden.
Voraussetzung:
- vertikale Windzunahme
- wärmere (leichtere) Luft über kältere (schwerere) Luft
Beispiele:
KH-Wellen bei Südföhn in Innsbruck
Ein Sonderfall für tiefliegende Kelvin-Helmholtz-Wellen trat am 17. November 2009 über dem Innsbrucker Stadtgebiet auf:
Die Webcam ist auf der Seegrube (1905m) nördlich von Innsbruck aufgestellt und schaut nach Süden. Links befindet sich der Patscherkofel als nördlichster Ausläufer der Tuxer Alpen, im Hintergrund schauen die Zillertaler Alpen hervor, mit der Amthorspitze (2749m) knapp südlich vom Brennerpass. Das Wipptal trennt Zillertaler und Stubaier Alpen.
Wetterlage: Seichter Südföhn im Wipptal mit Wolkenstau am Alpenhauptkamm (Hochnebelwolken am Brenner sichtbar). Der Föhn streicht über das Inntal hinweg, ohne sich am Talboden durchzusetzen. Die Erwärmung der Luftsäule über der bodennahen Kaltluft sorgt dennoch für eine Druckabnahme und ein lokales Leetief über bzw. knapp östlich von Innsbruck. Das verstärkt das gewöhnliche nächtliche Ausfließen vom Oberinntal her. Der Talauswind wird durch das lokale Druckgefälle verstärkt, Fachbegriff vorföhniger Westwind.
Über der Stadt streicht die schnellere Föhnluft über die ruhigere Kaltluft, damit sind beide Voraussetzungen für Kelvin-Helmholtz-Wellen gegeben. Zudem beschleunigt der Föhn an der Mündung des Wipptals durch den Bernoulli-Effekt. Es wird vermutet, dass die kleinräumigen Druckschwankungen am Oberrand der bodennahen Kaltluft durch die Kelvin-Helmholtz-Instabilität auch die Wetterfühligkeit der Bewohner (Kopfschmerzen, Migräne) mitverursacht.
KH-Wellen als Verursacher von Nieselregen bei Hochdruckeinfluss
Der Radiosondenaufstieg vom 30.11.11, 00 UTC, Kümmersbruck (Ostbayern) zeigt bodennahen Südostwind mit 5 Knoten und eine scharfe Temperaturinversion, die gesättigt-kalte Luft (418m: -1°C) von trocken-warmer Absinkluft (868m: +8°C) trennt. Über der Inversion verstärkt sich der Westwind auf 25 bis 30 Knoten.
Durch die warme Nase mit positiver Lufttemperatur wird unterkühltes Flüssigwasser produziert. Da die Frostluft nur wenige Dekameter dick ist, gelangen die unterkühlten Regentropfen in flüssiger Form auf den gefrorenen Boden und produzieren Glatteisregen.
Problem: Die gesättigte Luftschicht ist nur rund 400 m dick.
Bei Niederschlagsbildung durch Koagulation muss nämlich eine genügend große
- kolloide Labilität vorhanden sein, d.h. Wolkenluft, deren Tröpfchenspektrum auch große Tropfen (d > 3, 6 * 10-3 cm 1) umfasst. Erst diese unterscheiden sich in ihrer Sinkgeschwindigkeiten bei Wolken ohne Aufwind (bzw. Steiggeschwindigkeit bei Wolken mit Aufwind) so deutlich von der Vielzahl kleinerer Tröpfchen, dass bei Bewegungen innerhalb der Wolke die Wahrscheinlichkeit für Zusammenstöße groß genug ist, sodass ein genügend großer Tropfen entsteht, der die Verdunstung beim Fallen bis zum Erdboden überlebt.
- Koagulationsstrecke vorhanden sein, d.h. die Wolkenschicht vertikal mächtig genug, mindestens 1000 m 1, damit die größeren Tröpfchen beim Sinken mit genügend kleineren Wolkentröpfchen zusammenstoßen.
Lösung: Kelvin-Helmholtz-Wellen am Oberrand der Absinkinversion sorgen in sonst aufwindlosen Schichtwolken für kleinskalige Vertikalbewegungen, durch die vermehrt Wolkentröpfchen zusammenstoßen und anwachsen können, bis sie schwer genug sind, um aus der Nebelwolke auszufallen. Dadurch kann es auch bei vertikal kaum mächtigen Schichtwolken soweit messbaren Niederschlag geben, dass Glatteisgefahr besteht.
Riesige Kelvin-Helmholtz-Wellen in Bodennähe
KH-Wellen in Birmingham, Alabama (USA), 16. Dezember 2011
Das Video wurde um die Mittagszeit (ca. 19 UTC) aufgenommen und zeigt gigantische Kelvin-Helmholtz-Wellen nur wenige Meter über Grund, die sich aus tiefen Fractuswolken entwickelt haben.
BMX Shelby County Airport ist dabei der Flughafen von Birmingham, Alabama.
Man sieht eine sehr feuchte Bodenschicht, die Wolkenbildung und damit die Visualisierung der Wellen erlaubt. Die Inversion befindet sich in rund 800 m, was auch zum optischen Eindruck der Wolkenobergrenze passt. Vom Boden bis über die Inversion hinaus nimmt der Wind um etwa 15 Knoten zu, d.h. eine vertikale Windscherung, wenn auch nicht sehr stark, ist gegeben. Möglicherweise waren die Bedingungen zwischen 19 und 00 UTC noch etwas günstiger.